Interview mit Professor Dr. Kai Ruffing und Dr. Kerstin Droß-Krüpe
Heute mal ein Feierabendbier? An der Präsenz und Relevanz des Bieres heutzutage zweifelt niemand, dennoch hat das Getränk auch eine beeindruckende Vergangenheit. Denn obwohl der Wein oft als eine Art kulturelles Zentrum der antiken Welt verstanden wird, war es doch das Bier, das die treibende Kraft hinter Wirtschaft und Kultur bildete. Der Sammelband Von Gerste, Göttern, Geld und Gesetzen beleuchtet aus interdisziplinärer Perspektive, wie dieses Getränk die Gesellschaften und Kulturen der Antike prägte. Die zwei Herausgeber:innen Professor Dr. Kai Ruffing und PD Dr. Kerstin Droß-Krüpe geben Einblicke in das Werk:
Bis heute werden Loblieder auf das Bier gesungen. Können Sie ein anschauliches Beispiel dafür geben, wie das Bier die Kultur der Antike prägte?
„Bier war ein wichtiges Nahrungsmittel insbesondere für die antiken Kulturen, die über keine oder eine eher unbedeutende Weinkultur verfügten. Dies gilt insbesondere für Mesopotamien und Ägypten sowie die Welt der Kelten und Germanen. Auch nach der Einbeziehung der keltischen Welt in das Imperium Romanum blieb Bier in seinen verschiedenen Ausprägungen ein wichtiges Nahrungsmittel.“
Woran lag es Ihrer Meinung nach, dass vor allem der Wein als Getränk der Antike in den Köpfen der Menschen erhalten geblieben ist und nicht das Bier?
„Die mediterrane Kultur der Griechen und Römer war in Bezug auf die Ernährung durch die Mediterrane Trias (Getreide, Olivenöl und Wein) geprägt. Da die Quellen, die sich auf die mediterrane Antike beziehen, von Griechen und Römern verfasst wurden, prägten dieselben das Bild der antiken Ernährung in der westlichen Welt.“
Im Klappentext des Buches erwähnen Sie, dass Bier ein grundlegender Bestandteil des Handels war. Was wäre ein Beispiel dafür?
„Ein Beispiel dafür sind die Inschriften aus Trier, in denen Bierhändler bezeugt sind. Darüber hinaus ist der Verkauf von Bier insbesondere in den Papyri aus dem römischen Ägypten bezeugt.“
Welche neuen Perspektiven auf die Rolle des Biers in der Antike eröffnet Ihr Buch – die bisher in der Forschung eher übersehen wurden?
„Am besten antwortet auf diese Frage Neville Morley in seinen concluding remarks: “Above all this (sc. edited volume) shows the need to remember that the Roman Empire was much larger and more various than the Mediterranean region. Despite decades of research questioning crude notions of ›Romanisation‹ and adopting a naïve Romano-centric perspective on cultural interaction, there is clearly still a tendency in this field of study to assume not just a contrast but a hierarchy between wine-consuming centre and beer-drinking periphery. […] From the perspective of Greek and Roman authors, viticulture was a marker of civilization as well as the result of a favourable environment, and wine-drinking was the natural preference for all humans, even if some had to obtain it via trade and so might not be able to afford it. All our other evidence, from a range of different cultures, suggests both that beer was the more ubiquitous drink…”
Der Sammelband erscheint als Auftaktband der Reihe Oeconomica und liefert von Mesopotamien über Ägypten bis zum Römischen Reich eine umfassende Neubewertung von Bier als grundlegendem Bestandteil des täglichen Lebens, der kulturellen Identität und des Handels.